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Ich sehe meine Aufgabe darin, Fragen zu stellen

Interview mit Eva-Maria Walker, Juniorprofessorin für das Fachgebiet „Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Kommunikation und Unternehmenskultur im Handel“

Interview mit Eva-Maria Walker, Juniorprofessorin für das Fachgebiet „Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Kommunikation und Unternehmenskultur im Handel“

14.10.2015 - Bild: Eva Walker

ALANUS: Frau Walker, Sie sind Juniorprofessorin für das Fachgebiet „Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Kommunikation und Unternehmenskultur im Handel“. Mit welchen Inhalten beschäftigen Sie sich konkret?

EVA WALKER: Es gibt ganz unterschiedliche Verständnisse von Unternehmenskultur. Ich arbeite mit einem Verständnis, das Kultur als eine Ordnung begreift, die zum einen durch Symbole, und zum anderen in organisationalen Mustern, sichtbar wird. Ich konzentriere mich vor allem auf den zweiten Bereich. Ein Thema, das mich dabei besonders interessiert, sind Karriereformen. Man denkt immer, für die Karriere sei man selbst verantwortlich, aber es ist auch Ausdruck einer bestimmten Kultur, wer befördert wird und welche Weiterbildungsprogramme es in einem Unternehmen gibt. Als Juniorprofessorin für „Kultur im Handel“ schaue ich mir im Speziellen an, welche Veränderungen es bei den Karrierewegen im Handel gibt.

Welchen weiteren Themen gilt ihr Forschungsinteresse?

Das andere Thema, mit dem ich mich schon lange befasse, ist die Frage: Wie ist Arbeit organisiert? Ein Aspekt, der mich dabei besonders interessiert, ist der Begriff der Eigenständigkeit. In der Managementliteratur wird viel darüber nachgedacht, wie Beschäftigte eigenverantwortlich arbeiten können. Erst mal klingt das gut, weil man damit von hierarchischen Zwängen befreit wird, flexibel und autonom entscheiden kann und seine eigenen Fähigkeiten einbringen kann. Es gibt aber bestimmte Beschäftigtengruppen, die gar nicht die Kompetenz haben, so autonom zu arbeiten. Gleichzeitig geht damit einher, dass Beschäftigte das Ergebnis ihrer Arbeit immer sichtbar machen müssen. In der Soziologie nennt man das „Ökonomisierung von Subjektivität“, das heißt, ich bin plötzlich selbst für mein Arbeitsergebnis verantwortlich und muss das auch sichtbar machen. Es gibt aber auch Beschäftigtengruppen, sogenannte Gewährleistungsgruppen, die die gar keinen unmittelbaren Einfluss auf das Gesamtergebnis nehmen können.

Welche Beschäftigtengruppen sind das?

Wenn man sich das für den Handel anschaut, sind das zum Beispiel Warenverräumer, Logistiker oder aber auch die Arbeitnehmer in der Zentrale, wie beispielsweise jene in der Personalabteilung. Wie sind die Auswirkungen ihrer Arbeit auf den Unternehmenserfolg? Bei diesen Tätigkeiten ist es, anders als im Verkauf, unheimlich schwierig zu messen, was das Ergebnis der Tätigkeit ist. Ich sehe meine Aufgabe darin, herauszufinden, wie eine Unternehmenskultur so gestaltet werden kann, dass die Beschäftigten zwar autonom arbeiten, aber sie in ihrem Ergebnis nicht nur am Markterfolg bemessen werden.

Sie haben Soziologie und Empirische Kulturwissenschaft studiert und in Wirtschaftssoziologie promoviert. Was reizt sie an der Arbeit als Soziologin besonders?

Das Themenfeld war von Anfang an klar. Ich fand es immer wichtig, dass man Wirtschaft nicht nur unter Optimierungsgesichtspunkten anschaut, sondern auch unter kulturellen und sozialen Fragestellungen. Nicht nur, weil ich das normativ-ethisch als richtig empfinde, sondern vor allem auch weil die Wirklichkeit selbst eben interdisziplinär ist. Werden in Unternehmen zum Beispiel Entscheidungen getroffen, dann folgen diese eben auch nie nur „objektiven“ Effizienzkriterien, sondern sind zwangsläufig eingebettet zum Beispiel in mikropolitische Interessen der einzelnen Abteilungen oder aber auch bestimmten gesellschaftlichen Leitbildern. Als Wirtschaftssoziologin sehe ich meine Aufgabe darin, Fragen zu stellen, die genau jene gesellschaftliche Einbettung unternehmerischer Entscheidungen mitreflektieren. Dabei will ich vor allem die Perspektiven jener Personen zur Sprache bringen, die andernfalls ihre Interessen nicht zu Gehör bringen können.

Welche Seminare kann man als Student in diesem Semester bei Ihnen besuchen?

Gemeinsam mit Dirk Battenfeld mache ich die Marketing-Veranstaltung. Ich werde mich dabei vor allem der Konsumkritik widmen. Muss Marketing mitdenken, dass wir aus einer nachhaltigen Wirtschaftssicht gar nicht zu mehr Konsum anregen wollen, sondern vielleicht eher zu nachhaltigerem Konsum oder Konsumverzicht? Susanne Blazejewski und ich machen außerdem die Einführung in die BWL. Der Bachelorstudiengang ist sehr interdisziplinär angelegt und ich werde die wirtschaftssoziologische Perspektive einbringen. Im wirtschaftswissenschaftlichen Seminar schreiben die Studenten zum ersten Mal eine Hausarbeit. Hier werden wir uns in gemeinsamen Fragestellungen überlegen, wie das Verhältnis von Wirtschaft und Gesellschaft aussieht und gestaltet werden kann.

Sie haben eine Stiftungsprofessur inne. Was ist das Besondere daran?

Die Professur wird durch die Globus SB-Warenhaus Holding finanziert. Das ist ein unheimlich großes Geschenk an den Fachbereich. Und das in zweierlei Hinsicht: zum einen ist es durch den engen Kontakt mit dem Unternehmen möglich, praxisrelevante Fragestellungen zu erarbeiten, die dann entweder gemeinsam mit Studenten oder aber auch wissenschaftlich durch unseren Fachbereich bearbeitet werden. Die Ergebnisse wiederrum werden dann dem Unternehmen zur Verfügung gestellt. Zugleich bleibt unsere Autonomie in Forschung und Lehre, und das ist uns Forschern ja immer wichtig, absolut gewahrt. Das heißt, wir entscheiden immer gemeinsam, zu welchen Themen ich arbeiten kann und möchte.

Sind bereits konkrete Projekte geplant?

Globus ist auch Praxispartner des Fachbereichs und in dem Rahmen finden verschiedene Projekte statt. Durch die Professur können wir diese Projekte verstetigen. Für Anfang nächsten Jahres planen wir ein Anschlussprojekt an das Projekt „Arbeitswelten“. Hier haben im vergangenen Semester BWL- und Architekturstudenten gemeinsam Entwürfe für die Arbeitsplatzgestaltung bei Globus entwickelt. Bei dem Anschlussprojekt soll es um eine Befragung zur Unternehmenskultur gehen.

Warum haben Sie die Alanus Hochschule als Forschungsort gewählt?

Als Wirtschaftssoziologin ist die Alanus Hochschule so etwas wie ein Paradies. Was für Betriebswirtschaftler noch etwas exotisch ist, wie das Konzept „Wirtschaft neu denken“, ist für die Wirtschaftssoziologie eigentlich Kerngegenstand ihrer Arbeit Ich finde die Idee schön, Betriebswirtschaftler unterrichten zu können und sich mit deren kritischen Rückfragen auseinanderzusetzen. Es gibt aber keine Hochschule in Deutschland, die das macht, außer der Alanus Hochschule und das fand ich unheimlich toll, weil ich es wirklich als etwas Besonders empfinde, interdisziplinär zu arbeiten.

Zum Interview auf alanus.edu



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