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Quiet Quitting – warum nachhaltige Arbeitgeber besser aufgestellt sind!

Quiet Quitting wird derzeit viel diskutiert. Hier erfährst du, was es mit dem neuen Arbeitsmindset auf sich hat und warum nachhaltige Unternehmen seltener betroffen sind.

Quiet Quitting wird derzeit viel diskutiert. Hier erfährst du, was es mit dem neuen Arbeitsmindset auf sich hat und warum nachhaltige Unternehmen seltener betroffen sind.

23.03.2023 | Ein Beitrag von Luisa Bremer | Bild: Galina Zhigalova

17 Sekunden – nur 17 Sekunden reichen aus, um eine internationale Debatte auszulösen. Denn genau so lang ist das Video des Tiktokers Zaidleppelin, das den Begriff Quiet Quitting prägte. Im Juli 2022 wurde das Video auf der Plattform veröffentlicht, seitdem 491.500 Mal geliked und 42.800 Mal geteilt. Quiet Quitting beschreibt dabei ein besonderes Mindset gegenüber dem eigenen Job. Wie die Veränderung zu bewerten ist, wird aktuell heiß diskutiert – klar ist aber schon, dass sie Unternehmen vor neue Herausforderungen stellt.

Dabei stellt sich die Frage, ob Unternehmen aus der Nachhaltigkeitsbranche genauso betroffen sind wie herkömmliche Betriebe. Im Gespräch mit JOBVERDE hat Silke Bender, Senior Referentin für Kommunikation bei der GLS-Bank, verraten, ob die GLS vom neuen Arbeitstrend betroffen ist und wie sie mit der Veränderung im Mindset ihrer Mitarbeiter*innen umgehen. Zudem ordnet die Professorin Prof. Dr. Susanne Blazejewski vom Lehrstuhl für Nachhaltige Organisations- und Arbeitsplatzgestaltung (NOA) der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, den neuen Trend wissenschaftlich für uns ein und erklärt, dass er gar nicht so neu ist, wie viele annehmen.

In diesem Beitrag erfährst du: Was es genau mit der neuen Arbeitshaltung auf sich hat und wo ihre Wurzeln liegen, welche drei zentralen Gründe Quiet Quitter zur Arbeitshaltung bewegen, ob nachhaltige Unternehmen überhaupt davon betroffen sind und wie man mit der Entwicklung umgehen kann.

Quiet Quitting – ein Phänomen und seine Geschichte

Quiet Quitting bedeutet konkret übersetzt soviel wie “innere Kündigung”, meint aber nicht, dass Betroffene still und heimlich ihren Job kündigen, sondern dass sich etwas an ihrer Arbeitsmoral und -einstellung ändert. Über die genaue Definition des Trends lässt sich allerdings streiten. Der Begründer Zaid Leppelin umschrieb Quiet Quitting wie folgt:

"Du verabschiedest dich von der Idee, über deine vorgeschriebenen Aufgaben hinaus zu arbeiten. Du erfüllst, was von dir verlangt wird, aber du bist nicht weiter Teil der sogenannten Hustle-Culture-Mentalität, dass dein Job dein Leben ist. Dein Wert als Person definiert sich nicht über deine Arbeit." (Zaid Leppelin, dt. Übersetzung)

Während zuvor der Begriff Hustle-Culture eine Arbeitshaltung definierte, die die Arbeitnehmer*innen an ihre Grenzen und darüber hinaus trieb – auch als Burnout-Kultur bekannt – scheint der Arbeitsethos nun ins Gegenteil umzuschlagen. Die körperliche und vor allem die mentale Gesundheit nehmen nicht nur abseits des Arbeitsumfeld eine wachsende Bedeutung ein. Der Job soll nicht mehr der Mittelpunkt des Lebens sein, sondern der Fokus verschiebt sich vom Leben, um zu arbeiten, zur Arbeit als Mittel zum Zweck, die das Leben ermöglicht. Im Mittelpunkt liegen jetzt das eigene Leben und die eigene Persönlichkeit neben der Arbeit. Dementsprechend sind Quiet Quitter nicht bereit, mehr als das Nötigste zu tun, kommen ihren Pflichten weiterhin nach, allerdings ohne dafür Überstunden oder zusätzliche kreative Leistung zu erbringen Was einerseits Auswirkungen auf geleistete Arbeitszeit und -quantität hat, kann sich darüber hinaus auch auf die Qualität der Arbeitsleistung auswirken, so Silke Bender von der GLS-Bank:

“Wir verstehen unter Quiet Quitting nicht lediglich einen Trend zu mehr Work-Life-Balance und dazu, keine Überstunden mehr zu machen, sondern den Trend, die eigene Arbeitsleistung und -qualität so weit wie möglich zu reduzieren, ohne jedoch die Arbeitspflicht zu verletzen.” (Silke Bender, GLS-Bank)

Der Trend zu besserer mentaler (Arbeits-)Gesundheit ist auf jeden Fall positiv zu bewerten und ein richtiger Schritt auf dem Weg in eine gesunde Work-Life-Balance. Wenn darüber hinaus allerdings die eigene Arbeitsleistung und Qualität des Unternehmens darunter leiden müssen, zeigen sich hier ganz deutlich negative Auswirkungen von Quiet Quitting. Neben dem Unternehmen selbst sind auch Kolleg*innen direkt negativ davon betroffen, wenn sie die fehlende Arbeit auffangen und kompensieren müssen. Dies führt Prof. Dr. Susanne Blazejewski genauer aus:

“Kolleg*innen werden möglicherweise ebenfalls ihre Bereitschaft, einen Beitrag in die Organisation zu leisten, überdenken, da sie ja im Vergleich mit den Quiet Quittern mehr leisten, mehr engagiert sind, für einen möglicherweise identischen Lohn. Auch auf der Beziehungsebene im Team kann sich Quiet Quitting auswirken: Wenn Kolleg*innen nicht mitziehen, sich nicht auch mal begeistern lassen von einem gemeinsamen Projekt, dann beeinträchtigt das die Stimmung und die Motivation im Team insgesamt.” ( Prof. Dr. Susanne Blazejewski, Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft)
 

Wie kommt es zum Quiet Quitting?

Wie der Ursprung des Trends auf der Plattform Tiktok, die überwiegend von unter 30-Jährigen genutzt wird (Statista), schon andeutet, sind vor allem junge Menschen – wie die Generation Z – Quiet Quitter. Tatsächlich ist das Arbeitsmindset der jungen Generation gar nicht so neu, wie es durch die mediale Präsenz den Anschein hat. Die Diskussion um Identifikation mit dem Arbeitgeber, Mitarbeiterzufriedenheit und Co. verlagert sich allerdings auf eine neue mediale Plattform und setzt sich jetzt unter dem Label Quiet Quitting fort. Es handelt sich daher nicht um ein neues Phänomen, so die Professorin: “Zu diesen Themen wird schon lange und immer sehr intensiv geforscht, unter unterschiedlichen Stichworten wie z.B. Organizational identification, organizational citizenship behavior, Mitarbeiterbindung und –zufriedenheit, Commitment etc. pp.”

Im Interview mit JOBVERDE nennt Prof. Dr. Susanne Blazejewski drei Gründe für die innere Kündigung:

  1. “Ein Grund für die innere Kündigung ist häufig ein unbefriedigender Job und ein Arbeitsumfeld, das nicht wertschätzend ist.” Wichtig ist, so die Professorin, dass Mitarbeitende sich als Menschen und nicht nur über ihre Leistung und Position im Unternehmen wahrgenommen fühlen. Außerdem müsse das Gefühl gegeben sein, sich persönlich im Unternehmen weiterentwickeln zu können sowie einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen. Hier spielen also nicht ausschließlich die Tätigkeit und das Aufgabengebiet eine zentrale Rolle, sondern darüber hinaus auch die Beziehung, in der der bzw. die Beschäftigte zum eigenen Unternehmen steht. Also kurz und knapp die Faktoren: Autonomie, Entwicklung und Beziehung.
  2. Der Arbeitsmarkt zeigt Arbeitnehmer*innen Alternativen auf. Fachkräftemangel und viele unbesetzte Stellen verdeutlichen Arbeitnehmer*innen, dass sie Möglichkeiten zur Umorientierung haben. Wenn dann außerdem keine Beziehung zwischen Unternehmen und Mitarbeiter*in gegeben ist, fällt die Abkopplung leichter. Hier sieht sie Professorin aber auch ganz klar die Unternehmen in der Pflicht: “Wenn sich das Unternehmen nicht zu seinen Mitarbeitenden committed, warum sollten dann die Mitarbeitenden sich mit dem Unternehmen identifizieren?!”
  3. “Die Wahrnehmung und der Stellenwert von Arbeit verändern sich in unserer Gesellschaft. Menschen wollen wieder mehr Leben und weniger (erwerbsmäßig) Arbeiten bzw. ihr Leben nicht in erster Linie auf das Arbeiten ausrichten.” Das liegt u.a. daran, so Prof. Dr. Susanne Blazejewski, dass durch Krisen wie den Klimawandel eine unklare Lebensperspektive gegeben ist. Die Einstellung, den Fokus zunächst vollständig auf den Job zu legen und das “schöne Leben” erst ab der Rente beginnen zu lassen, hat sich geändert und ist so nicht mehr umsetzbar. Außerdem konnte die Generation Z bei ihrer Elterngeneration hautnah miterleben, dass dieses Mindset teilweise in Burnout und Überforderung mündete. Genau das nachzuahmen ist dadurch nicht erstrebenswert.


Fehlende Wertschätzung als Mensch und keinen Sinn in der eigenen Arbeit zu sehen, sind u.a. Gründe für Quiet Quitting (Bild: caio_triana--2513150, pexels).
 

Inwiefern sind nachhaltige Unternehmen vom Trend Quiet Quitting betroffen?

Nachhaltig produziert oder erwirtschaftet beinhaltet eine umweltschonende und -schützende Produktion aus nachhaltigen Materialien zu menschenwürdigen und fairen Arbeitsbedingungen. Was viele zunächst mit fairen Arbeitsbedingungen im Ausland in Verbindung bringen, wird von vielen Unternehmen auch hierzulande auf die Arbeitsbedingungen bezogen.

Besonders Unternehmen in der Nachhaltigkeitsbranche weiten ihr Verständnis von Nachhaltigkeit nicht allein auf ihre Produktion, Produkte oder Dienstleistungen und Vision aus, sondern ermöglichen ihren Mitarbeiter*innen ein faires und gesundes Arbeitsumfeld. Dies zeigt sich beispielsweise in der Freiheit, die Arbeit an die eigenen Lebensumstände anzupassen – sei es über flexible Arbeitszeiten, die flexible Wahl des Arbeitsortes, Möglichkeiten den Hund mit ins Büro zu bringen, usw. Weiterhin sorgen flache Hierarchien im Team dafür, dass Probleme wie eine zu hohe Arbeitsbelastung konkret angesprochen und im Team gelöst werden können, sodass der Unzufriedenheit der Mitarbeiter*innen frühzeitig entgegengewirkt werden kann.

Gerade nachhaltige Arbeitgeber legen zudem großen Wert auf nachhaltige Möglichkeiten, sich im Büro gut zu verpflegen und stellen ein Jobrad oder weitere alternative, umweltfreundliche Mobilitätsangebote für den Weg zur Arbeit zur Verfügung. All diese Benefits sorgen dafür, dass sich Mitarbeiter*innen gut im Unternehmen aufgehoben fühlen.

Hinzu kommt, dass sich Unternehmen mit nachhaltiger Ausrichtung einem höheren Sinn verschrieben und diesen in ihrer Unternehmensphilosophie verankert haben. Egal ob NGO, die Produktion fairer Produkte wie Schokolade, Naturkosmetik, Kaffee, usw., die Wiederverwendung oder Reduzierung von Müll oder der Ausbau erneuerbarer Energien – die Arbeit selbst möchte unseren Planeten und unser Zusammenleben aktiv verbessern. Dadurch verstehen die Beschäftigten den Sinn ihrer Tätigkeit und wissen konkret, WARUM sie arbeiten und was sie damit bewirken – wer einen Sinn in seiner Arbeit sieht, geht darin auf, wird kreativ und begeistert sich für seine Aufgaben. Das beschreibt auch Silke Bender von der GLS-Bank: 

“Sinnstiftung zählt mittlerweile zu einer der größten Arbeitsmotivationen – in manchen Studien sogar noch vor der Bezahlung. Nachhaltige Unternehmen haben den großen Vorteil, dass Sinnstiftung Teil und oft Kern des Geschäftsmodells ist. Die positive Wirkung der eigenen und der gemeinschaftlichen Arbeit wird teils unmittelbar sichtbar.
Das kann ein großer Motivationsfaktor sein, denn damit erleben Menschen Selbstwirksamkeit. So überwinden wir auch kleinere Krisen oder Frustrationen, denn wir wissen, dass wir für ein großes Ziel arbeiten. Diese Motivation schützt unserer Meinung nach vor Phänomenen wie Quiet Quitting.”
(Silke Bender, GLS-Bank)

Durch den erkennbaren guten Zweck, der in den Grundsätzen nachhaltiger Unternehmen verankert ist, wirken diese von Natur aus dem Gefühl einer sinnlosen Tätigkeit nachzugehen – einem zentralen Auslöser für Quiet Quitting – entgegen. 

Du bist auf der Suche nach einem nachhaltigen und sinnhaften Job, mit dem du wirklich etwas Gutes bewirken kannst? Bei JOBVERDE findest du aktuelle Stellenangebote und Unternehmen aus der Nachhaltigkeitsszene.

Was können Unternehmen tun, wenn ihre Mitarbeiter*innen Anzeichen von Quiet Quitting zeigen?

Dennoch schützen eine nachhaltige Ausrichtung sowie Benefits im Job nicht zwangsläufig davor, dass Mitarbeiter*innen unzufrieden mit ihrem Job sind oder nicht 100% für die eigenen Aufgaben geben können. Denn jede*r Mitarbeitende ist vor allem Mensch mit eigener Geschichte und persönlichen Problemen und Konfliktsituationen – und auch diese können natürlich sowohl positiv als auch negativ die Arbeit beeinflussen. Hier sieht Silke Bender die innerbetriebliche Führungskraft in der Pflicht, die einzelnen Teammitglieder im Blick zu behalten und Gesprächsbereitschaft zu signalisieren, um bei Bedarf eingreifen, entgegenwirken und unterstützen zu können.

"Hier gilt es, im Einzelnen aufmerksam zu sein und zuzuhören. War ein Mensch einfach in letzter Zeit völlig überlastet, privat oder beruflich? Geht es, wenn wir tiefer forschen, im Kern um fehlende Wertschätzung oder um das Gefühl, nicht verstanden und gesehen zu werden? Oder liegt hinter dem Verhalten schlicht eine Aufgabe, die nicht zur Person und deren Stärken passt?
Unser Handeln basiert auf der Überzeugung, dass jede und jeder sein Bestes gibt, mit dem ureigenen Wunsch nach persönlicher Weiterentwicklung. Mit dieser Haltung können wir offen ins Gespräch gehen mit Fragen wie: Was brauchst Du, damit Dir Deine Arbeit wieder mehr Spaß macht? Wie schaffen wir es, dass Du besser ins Wirken kommst? Welche Stellschrauben gibt es, die wir verändern können, um Deine Arbeit stärkenorientierter zu gestalten?"
(Silke Bender, GLS-Bank)

Zentrale Stellschraube im Unternehmen ist also die Kommunikation im Team, aber auch zwischen Unternehmensführung und den einzelnen Mitarbeiter*innen. Nur durch offene Gespräche können Probleme, Unbehagen und Frustration aktiv und gemeinsam angegangen und gelöst werden – damit Mensch und Job zueinander passen.


Gespräche zwischen Führungskräften und Quiet Quittern sind eine gute Möglichkeit, Probleme, Unzufriedenheit und Frustration gemeinsam zu lösen (Bild: Kerkez, Getty Images).

Fazit

Quiet Quitting ist also Fluch und Segen zugleich. Während es sich einerseits negativ auf das Zusammenleben und die Produktivität im Unternehmen auswirkt, können wir es gleichzeitig als Chance sehen. Unternehmen können von der Generation Z und allen Quiet Quittern lernen, dass es sich lohnt und wirklich wichtig ist, ein angenehmes und sinnstiftendes Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich die einzelnen Beschäftigten aufgehoben, wertgeschätzt und als Mensch wahrgenommen fühlen. Wenn Firmen ihre interne Unternehmensphilosophie und einen nachhaltigen Umgang miteinander leben, nach außen tragen und ihren Beschäftigten ganz deutlich zeigen, wofür sie sich jeden Tag einsetzen und ihren Job machen, binden sie ihre Mitarbeiter*innen an sich. Quiet Quitting zeigt, dass sich gelebte soziale Nachhaltigkeit auch für das Unternehmen selbst lohnt und ein guter Schritt auf dem Weg in eine bessere Work-Life-Balance ist. In der Nachhaltigkeitsbranche ist das zumeist gegeben, hier haben Arbeitgeber daher ein stabileres Fundament gegenüber Quiet Quitting.

Das gesamte Interview mit Silke Bender von der GLS-Bank zum Thema Quiet Quitting liest du hier exklusiv bei JOBVERDE: Quiet Quitting – ein kurzer Eindruck der GLS-Bank.

Du interessierst dich näher für die wissenschaftlichen Hintergründe von Quiet Quitting? Das ungekürzte Interview mit Prof. Dr. Susanne Blazejewski findest du hier: Quiet Quitting – eine kurze Einordnung von Prof. Dr. Susanne Blazejewski.

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