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Wokeness im Arbeitsleben

Der Begriff "Wokeness" steht für "Wachheit" oder "Wachsamkeit". Wie ist es aber um die Gerechtigkeit, Gleichheit und den Kampf gegen Ungerechtigkeit im Arbeitskontext bestellt? 

Der Begriff "Wokeness" steht für "Wachheit" oder "Wachsamkeit". Wie ist es aber um die Gerechtigkeit, Gleichheit und den Kampf gegen Ungerechtigkeit im Arbeitskontext bestellt? 

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06.06.2025, Foto: unsplash/Christina Wocinteck

Zwischen Anspruch und Realität: Was „Wokeness“ im Job bedeutet

Der Begriff „Wokeness“ hat seinen Ursprung in der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung und bedeutete ursprünglich, für soziale Ungerechtigkeiten – insbesondere Rassismus – wachsam zu sein. Heute steht er für ein erweitertes Bewusstsein gegenüber allen Formen struktureller Diskriminierung, etwa aufgrund von Geschlecht, Herkunft, sexueller Orientierung, Religion oder Behinderung.
In Unternehmen rücken damit Themen wie Diversity, Inclusion und Equity zunehmend in den Fokus der internen wie externen Kommunikation.

Gerechtigkeit und Gleichstellung – mehr als ein Leitbild

Gelebte Gleichberechtigung am Arbeitsplatz bedeutet mehr als formale Chancengleichheit: Sie umfasst faire Vergütungsstrukturen, diskriminierungsfreie Aufstiegswege und die gezielte Förderung unterrepräsentierter Gruppen.
Gleichheit im Sinne der gleichen Regeln für alle reicht dabei nicht aus – Gerechtigkeit verlangt, bestehende strukturelle Ungleichheiten aktiv auszugleichen. Das gelingt etwa durch Mentoring-Programme, barrierefreie Arbeitsplätze oder eine inklusive Sprache in Stellenanzeigen und im Alltag.

Fortschritt mit Schattenseiten: Beispiele aus der Praxis

Unternehmen wie die Deutsche Bahn oder SAP gelten als Vorreiter in Sachen Gendergerechtigkeit und LGBTQ+-Inklusion. Das Start-up Einhorn punktet mit transparenter Gehaltspolitik und demokratischen Entscheidungsstrukturen. Doch es gibt auch Defizite: Frauen in Führungspositionen sind nach wie vor unterrepräsentiert, und Menschen mit Behinderung sind trotz gesetzlicher Quote in vielen Unternehmen nicht ausreichend integriert.
Laut Aktion Mensch liegt der Beschäftigtenanteil mit Schwerbehinderung in der Privatwirtschaft weiterhin bei nur rund 5 % – ein Wert, der den gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht, aber keinen Fortschritt signalisiert.

Foto: unsplash/Headway

Status quo: Frauenquote, Inklusion & LGBTQ+

Die Frauenquote in Vorständen großer Unternehmen ist laut dem DIW-Managerinnen-Barometer 2024 mit 17 % nach wie vor ausbaufähig.
Auch bei der Inklusion von Menschen mit Behinderung zeigt sich ein Zögern vieler Unternehmen, gesetzliche Vorgaben in reale Arbeitsplätze umzusetzen.
Im Bereich LGBTQ+ hingegen verzeichnen multinationale Unternehmen wie Microsoft oder IBM Fortschritte durch Netzwerke, Sensibilisierungsmaßnahmen und klare Antidiskriminierungsrichtlinien. Kleinere Betriebe und konservativere Branchen tun sich oft noch schwer mit diesen Entwicklungen.

Unternehmenskultur im Wandel: Zwischen Haltung und Polarisierung

Immer mehr Unternehmen positionieren sich zu gesellschaftlichen Themen wie Black Lives Matter, Pride Month oder Klimaschutz – nicht nur aus Überzeugung, sondern auch zur Stärkung ihrer Arbeitgebermarke. Eine solche klare Haltung schafft Identifikation, erfordert aber eine konsequente Umsetzung im Unternehmensalltag.
Dabei verändert sich der Umgang miteinander spürbar: Sprache wird reflektierter, Hierarchien werden hinterfragt, kulturelle Unterschiede anerkannt. Führungskräfte und Teams stehen vor der Herausforderung, eine Balance zwischen Sensibilität und Offenheit zu finden – ohne in Überkorrektheit oder Belehrung zu verfallen.

Foto: unsplash/Thought Cataloge

Relevanz für die Arbeitgeberattraktivität: Wokeness als Wettbewerbsvorteil

Für die Generation Z ist Nachhaltigkeit, Diversität und soziale Verantwortung längst kein Zusatznutzen mehr, sondern ein zentrales Kriterium bei der Arbeitgeberwahl.
Unternehmen mit glaubhafter Haltung verbessern nicht nur ihre Recruitingchancen, sondern positionieren sich langfristig als zukunftsfähige Marken.
Allerdings: Halbherzige Maßnahmen oder rein symbolische Aktionen – etwa ein Regenbogenlogo ohne echte Inklusionsstrategie – werden schnell als Pinkwashing entlarvt und schaden dem Vertrauen nachhaltig.

Kritische Perspektiven: Wenn Wokeness zur Belastung wird

Bei aller gesellschaftlichen Relevanz birgt eine überzogene Umsetzung auch Risiken:
Zu stark moralisierte Diskurse können Mitarbeitende verunsichern, offene Gespräche hemmen und eine „Kultur der Angst“ erzeugen – in der jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird.
Zudem droht bei oberflächlicher Auseinandersetzung ein Scheinaktivismus, der mehr auf Imagepflege als auf tatsächliche Veränderung abzielt. Ohne Raum für Lernprozesse oder differenzierte Debatten entsteht so leicht eine Atmosphäre von Intoleranz gegenüber Ambivalenz.

Foto: unsplash/Priscilla Du Preez

Fazit: Wokeness als Chance – wenn sie konsequent gelebt wird

Wokeness ist kein Modewort, sondern Ausdruck eines gesellschaftlichen Wandels. Unternehmen, die diesen Wandel aktiv mitgestalten, investieren in Verantwortung, Vertrauen und Zukunftsfähigkeit. Dabei reicht es nicht, sich auf Diversity-Richtlinien oder PR-Kampagnen zu verlassen: Es braucht eine ehrliche Auseinandersetzung, strukturelle Veränderungen und eine Kultur des respektvollen Dialogs. Denn nur wo Werte wirklich gelebt werden, entsteht eine Arbeitswelt, die fair, inklusiv und produktiv zugleich ist.

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