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Gemeinwohlökonomie für eine fairere und transparentere Wirtschaft

INTERVIEW | Unsere Gesellschaft befindet sich im Wandel- die Wirtschaft auch. Die Gemeinwohlökonomie stellt eine innovative Unternehmensführung dar, die nachhaltiges Wirtschaften ermöglicht.

INTERVIEW | Unsere Gesellschaft befindet sich im Wandel- die Wirtschaft auch. Die Gemeinwohlökonomie stellt eine innovative Unternehmensführung dar, die nachhaltiges Wirtschaften ermöglicht.

09.07.2020 | Ein Interview geführt von Fenja Zingsheim

Eine ganzheitliche Unternehmensverantwortung, die über pure Gewinnmaximierung hinausgeht? Auch die Arbeitswelt nimmt sich neuen Wegen an, um soziale, ökologische und transparente Bedingungen in den Alltag integrieren zu können. Das Unternehmen Ökofrost  arbeitet seit einigen Jahren mit der Gemeinwohlökonomie, die uns das Team gerne vorstellt.

JOBVERDE: Ökofrost ist nicht nur ein Bio-Tiefkühl Markt, sondern betreibt eine spannende, alternative Unternehmensführung. Beschreiben Sie uns gerne, was unter der Gemeinwohl Ökonomie verstanden werden kann.

Ökofrost: Ökofrosts Geschäftsführer kam bereits 2011 zu der Erkenntnis, dass er sein Wirken konsequent der gesunden Entwicklung von Menschen, Wirtschaft und Welt widmen möchte.
Er entwickelte gemeinsam mit dem gesamten Team ein Gehaltsmodell und ein Leitbild, mit denen sich alle identifizieren können. Dabei geht es sowohl um das interne Miteinander als auch um den Umgang mit sämtlichen Geschäftspartnern. Sichtbar und messbar werden diese Werte in den drei GWÖ-Bilanzen, die die Firma seitdem erstellt hat. „Die Gemeinwohlökonomie (GWÖ)“ ist die Vision eines alternativen Wirtschaftssystems. Es baut auf gemeinwohlfördernden Werten wie Kooperation und Solidarität statt auf Konkurrenz und Gewinnmaximierung auf. Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und demokratische Mitbestimmung sollen gefördert werden. Unternehmen, Organisationen und Kommunen ermitteln mit Hilfe einer Gemeinwohl-Bilanz, wie viel sie zur Mehrung des Gemeinwohls tatsächlich beitragen“ Zitat GWÖ-Regionalkreis Berlin-Brandenburg.

Mit welchen Organisationen arbeiten Sie für dieses Ziel zusammen und wie sieht diese Zusammenarbeit aus?

Wir arbeiten hier mit dem GWÖ-Verein für die Region Berlin-Brandenburg zusammen. So haben wir in Abstimmung mit dem Verein vorangetrieben, dass das GWÖ-Logo für den Kunden ersichtlich auf unseren Produktverpackungen abgebildet werden kann.

Zudem arbeiten wir grundsätzlich mit wirtschaftlich nachhaltig orientierten Partnern und kleinen Familienunternehmen zusammen, um dezentrale Strukturen zu fördern. Auf den Produktverpackungen unserer Marke Biopolar beschreiben wir ausführlich die Herkunft und Herstellung des Produktes. Wir nennen dies unsere Transparenzinitiative und möchten höchste Transparenz für den Verbraucher ermöglichen.

Was bedeutet in diesem Zusammenhang Holakratie?

Seit 2015 arbeitet das Team von Ökofrost in Selbstorganisation in Anlehnung an die Holakratie. Dabei handelt es sich um ein amerikanisches Betriebssystem, das mit flachen Hierarchien, speziellen Prinzipien, klaren Meetingformaten und flexiblen Rollenbeschreibungen arbeitet. Jeder Mitarbeiter hat verschiedene Rollen, für die er verantwortlich ist. Jede Rolle hat einen eigenen Purpose und klare Zuständigkeiten. Die einzelnen Unternehmensbereiche heißen Kreise, die selbst über Ihr Handeln bestimmen - selbstverständlich in Abstimmung mit den anderen Kreisen und übergeordneten Rollen. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht und schätzen die Flexibilität und kurzen Wege in der Entscheidungsfindung sehr. Die Unternehmenswerte helfen dabei, den Firmenpurpose noch genauer zu fassen und unsere Arbeitsweise und Philosophie näher zu definieren.

Wie gelingt Erschaffung einer solchen Unternehmensführung für motivierte Unternehmer*innen?

Es ist wichtig, den richtigen Zeitpunkt zu „erwischen“. Wenn die Zeit nicht reif ist, weil andere Themen gerade zu sehr im Vordergrund stehen, können sie nicht Fuß fassen. Ein gemeinsames Betrachten der geplanten Veränderungen mit den Mitarbeiter*innen und eine grundsätzliche Bereitschaft des Teams, sich darauf einzulassen, sind Voraussetzung.

Was ist der Mehrwert für Mitarbeiter*innen, die unter dieser Wirtschaftsethik beschäftigt sind?

Viel Eigenverantwortung, Flexibilität, faire und soziale Arbeitsbedingungen, ein gemeinsam erarbeitetes Gehaltsmodell, hohe Kollegialität, ein freundliches Betriebsklima, offene Feedback- und Konfliktkultur, Homeoffice-Möglichkeit, Mitspracherecht in vielen Belangen, schnelle Entscheidungsfindung uvm.

Sie pflegen auch „ethische“ Kundenbeziehungen. Welchen Mehrwert haben also auch Ihre Kunde*innen?

Wir wünschen uns Geschäftsbeziehungen auf Augenhöhe und bemühen uns immer um win-win-win-win-Lösungen, die also für unsere Lieferanten, unsere Kunden, uns selbst und die Umwelt gut sind. Beispielsweise tauschen wir uns offen zu fairer Preiskalkulation aus und schauen, wer was braucht. Wir sind offen für Fragen und Kritik, gestehen Fehler ein und bieten Lösungen an. Wir beziehen möglichst viele Perspektiven ein – im Dialog mit unseren Berührungsgruppen – um bestmögliche Lösungen zu finden.

Warum glauben Sie, dass eine Verbreitung der Gemeinwohl Ökonomie die Wirtschaft in der Zukunft positiv beeinflussen kann?

Weil die Themen und Werte der GWÖ dadurch noch stärker ins Bewusstsein der Wirtschaft und der Bevölkerung rücken würden, und weil sich die Endverbraucher eine fundiertere Meinung über die Anbieter ihrer Konsumgüter bilden könnten. Wenn auch die Unternehmen eine Bilanz machen und veröffentlichen würden, bei denen eine eher niedrige Punktzahl herauskäme, wäre die Wirtschaft transparenter, und die Bedürfnisse der einzelnen Gruppen inklusive die der Umwelt würden dadurch mit der Zeit gezielter erfüllt werden.

Wie schätzen Sie den deutschen Markt derzeit ein? Ist das Prinzip bereits breit vertreten?

Nein, ich denke, da haben wir noch ein Stück Weg vor uns.

Ist die Gemeinwohl Ökonomie branchenspezifisch?

Nein, sie kann sogar von Gemeinden oder Kommunen genutzt werden. Allerdings werden momentan noch im besonderen Maße die Branchen auf sie aufmerksam, die sowieso bereits nach ähnlichen Werten arbeiten und die in der Bilanz eine relativ hohe Punktzahl erzielen.

Besonders Suchende nach Jobs mit Sinn werden sich sicherlich fragen, wie sie Unternehmen erkennen können, die eine Gemeinwohl Ökonomie betreiben. Gibt es bestimmte Kriterien?

Hier ist zu unterscheiden, ob das Unternehmen einfach gemeinwohlorientierte Werte vertritt, die dann hoffentlich über die Webseite und andere öffentliche Auftritte deutlich werden oder ob das Unternehmen tatsächlich eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt und veröffentlicht hat. Eine auditierte GWÖ-Bilanz steht mit Sicherheit im Internetauftritt einer Firma.

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Bilder: Unsplash & GWÖ - Die Gemeinwohl-Ökonomie



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