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Die Zukunft der nachhaltigen Filmbranche

INTERVIEW I Vorhang auf und Film ab! Die Regisseurin Johanna Jaurich spricht mit uns über ihren Arbeitsalltag, „Green Shooting“-Produktionen und wagt einen Blick in die Zukunft der nachhaltigen Filmbranche.

INTERVIEW I Vorhang auf und Film ab! Die Regisseurin Johanna Jaurich spricht mit uns über ihren Arbeitsalltag, „Green Shooting“-Produktionen und wagt einen Blick in die Zukunft der nachhaltigen Filmbranche.

08.06.2021 | Ein Interview geführt von Laura Hofschlag | Bilder: Unsplash, Johanna Jaurich

Johanna schafft es, sowohl beruflich als auch privat nachhaltig zu handeln.  

JOBVERDE: Johanna, bitte stell dich unseren Leser*innen kurz vor und erzähle etwas über deinen Werdegang.

Johanna Jaurich: Ich bin Johanna Jaurich, 27 Jahre alt und arbeite als Regisseurin, Autorin und Producerin für nachhaltige Dokumentarfilme bei fechnerMEDIA. Mir war schon seit meiner Jugend klar, dass ich meine beiden großen Leidenschaften, Umweltschutz und Geschichten über Menschen zu erzählen, miteinander verbinden möchte. Nach meinem Studium und Stationen bei freien Filmprojekten sowie in der Videoredaktion bei Greenpeace bin ich letztlich in einem wunderbaren Team aus gleichgesinnten Kolleg*innen gelandet, für die Nachhaltigkeit eine ebenso große Rolle spielt. Das heißt, dass nicht nur die Themen unserer Filme konstruktiv sind, sondern wir auch die Filme selbst möglichst umwelt- und klimafreundlich nach „Green Shooting“-Richtlinien produzieren.

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Wie kann man sich den Beruf der Regisseurin vorstellen?

Diese Frage fällt mir gar nicht so leicht zu beantworten, weil dieser Beruf für mich so viele schöne Aspekte beinhaltet, dass der Platz hierfür kaum ausreichen wird. Als Regisseur*in folgt man der eigenen Neugier, die einen an Orte und zu Menschen bringt, von denen man lernen und deren Geschichte man für andere Menschen erfahrbar machen kann. Dabei gilt es auf kreative Art und Weise die jeweils passende Form für die individuellen Geschichten zu finden: Sei es in kleineren Informationsfilmen, in Fernsehfilmen bis hin zu abendfüllenden Dokumentarfilmen im Kino, deren Produktionszeitraum sich oftmals über mehrere Jahre erstreckt. Konkret bewegt sich mein Arbeitsalltag zwischen Stoffentwicklung, Recherchen, Gesprächen mit Protagonist*innen, Einreichung von Exposés bei Sendern oder Filmförderungsanstalten und dann, wenn ein Filmprojekt realisiert werden kann, der Zusammenstellung eines kreativen Teams, Dreharbeiten in allen Teilen dieser Welt, der Postproduktion und schließlich der strategischen Auswertung des Films. Das Schönste für mich ist, dass dieser Beruf so kreativ ist, ich mit inspirierenden Menschen in Kontakt komme, all das mit meinem Team gemeinsam erleben darf und jeden Tag dazu lerne!

Wie hast du den Einstieg in die nachhaltige Filmbranche gemeistert?

Ich wünschte, ich könnte ein Geheimrezept mit euch teilen, aber die Wege in die Filmbranche sind so unterschiedlich wie die Menschen, die darin arbeiten. Ich habe zuerst Medienwissenschaften studiert, doch schon im ersten Jahr wurde mir klar, dass es mich in die Praxis zieht. Also schnupperte ich nebenher in alle mögliche Departments am Filmset, von studentischen Filmprojekten bis hin zu großen Spielfilmproduktionen – von der Produktionsassistentin bis hin zur Aufnahmeleiterin. Schließlich fand ich in der Videoredaktion bei Greenpeace heraus, dass ich selbst Geschichten erzählen möchte, die das Leben schreibt und entdeckte die nachhaltige Filmproduktion fechnerMEDIA. Mittlerweile arbeite ich hier seit 2017 als festangestellte Regisseurin, Autorin und Producerin. Empfehlenswert ist auch der Einstieg über eine Filmhochschule, Praktika bei Filmproduktionen oder Volontariate bei Fernsehsendern, da man so die Gelegenheit hat, schon frühzeitig professionelle Netzwerke aufzubauen.

Was versteht man unter „Green Shooting“-Produktionen?

„Green Shooting“-Produktionen verfolgen das Ziel, so umweltschonend und klimaverträglich wie möglich zu produzieren und Emissionen zu mindern. Dazu zählt die fachliche Begleitung jeder Produktion durch eine*n sog. „Green Consultant“, der Einsatz von Ökostrom, der Verzicht auf Plastik, Drehreisen mit Elektroproduktionsfahrzeugen, energiesparende Technik, vegetarisches / veganes Catering – bis hin zur abschließenden CO2-Bilanzierung und dem Ausgleich nicht vermeidbarer Emissionen. Für mich hört Nachhaltigkeit dort aber nicht auf, sondern bezieht auch Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, faire Bezahlung aller Beteiligten sowie kulturelle Vielfalt der Teams hinter der Kamera und der Protagonist*innen vor der Kamera mit ein.

Welche Herausforderungen bürgen Green Shooting Produktionen?

Filmproduktionen erfordern Kreativität, gute Organisation und permanente Reflexion – und sind für die Beteiligten oftmals anspruchsvolle Unterfangen. Mein Eindruck ist, dass einige Produzent*innen daher Sorge haben, sich die „Last einer grünen Produktion“ aufzubürden, auch weil noch immer die Annahme herrscht, dass nachhaltige Produktionen automatisch teurer seien. Das ist nicht der Fall, denn man bedenkt dadurch stärker, welche Ressourcen wirklich nötig sind und kann im Endeffekt oft sogar einsparen. Momentan sind Green Shooting Produktionen leider noch nicht in der Breite der Filmbranche angekommen. Umso wichtiger ist es, mit praktischen Beispielen zu beweisen, dass Nachhaltigkeit und Filmschaffen bestens vereinbar sind. Ich kehre gerade zurück von einer dreiwöchigen, CO2-neutralen Drehreise in Sachsen für eine Kurzfilmreihe des Sächsischen Umweltministeriums – eine tolle Erfahrung! 

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Wie war der Alltag am Set der dreiwöchigen, CO2-neutralen Produktion?

Vor allem eins: anregend! Wir haben so viele tolle Protagonist*innen und ihre nachhaltigen Projekte kennengelernt. Umso passender war es da, dass wir diese Kurzfilmreihe auch CO2-neutral produziert haben. Die derzeitige COVID-19-Ausnahmesituation macht es zwar schwerer, Plastik zu vermeiden, dennoch waren wir überrascht, wie einfach „Green Shooting“ mittlerweile in allen Bereichen umzusetzen ist! Es ist eine wunderbare Erfahrung, den eigenen Werte auch im Arbeitsalltag zu folgen und immer wieder aufs Neue den Beweis anzutreten, dass es nachhaltige Alternativen gibt!  

Durch Green Story Telling sollen Filmproduktionen auf Nachhaltigkeit im Setting achten. Wie hängt das Ganze mit Green Shooting Produktionen zusammen und was kann man sich konkret darunter vorstellen?

Das Konzept der Nachhaltigkeit umfasst nicht nur die ökologische Dimension, sondern auch eine ökonomische und eine soziale Ebene. Auf nachhaltige Filmproduktionen angewandt heißt das, dass auch in Betracht gezogen werden kann, welche Inhalte vermittelt werden: zum Beispiel Lösungen aufzuzeigen mithilfe von konstruktivem Journalismus oder Diversität der dargestellten Personen, um die Bandbreite unserer Gesellschaften widerzuspiegeln. Letztlich geht es um ein psychologisches Prinzip: Je öfter wir etwas sehen, desto vertrauter und normaler erscheint es uns. Wenn man also Protagonist*innen abbildet, die Mehrwegbecher verwenden, Solarmodule auf dem Dach haben oder mit dem öffentlichen Nahverkehr statt mit dem SUV fahren, wird dieses Verhalten auch für die Zuschauer*innen greifbarer.

Wie blickst du in die Zukunft der Filmbranche?

Wie auch viele andere Branchen unterliegt die Filmbranche einem ständigen Wandel. Lineares Fernsehen rückt in den Hintergrund, stattdessen ermöglichen immer mehr Streamingdienste den Zugang zu hochwertigen Filmen. Auch im Bereich Green Shooting tut sich was! Im Jahr 2020 rief der Arbeitskreis „Green Shooting“ der Medien- und Filmgesellschaft in Baden-Württemberg eine „Liste von 100 grünen Produktionen“ aus, maßgeblich vorangebracht vom dortigen Geschäftsführer Prof. Carl Bergengruen, der sich seit Langem sehr sachkundig für Nachhaltigkeit in der Filmbranche einsetzt und uns auch sehr inspiriert hat. Die oben genannte Kurzfilmreihe und auch unser weltweites Impact Filmprojekt THE STORY OF A NEW WORLD sind Teil dieser Initiative. Im Herbst dieses Jahres wollen wir übrigens mit den weltweiten, CO2-neutralen Dreharbeiten starten und suchen derzeit noch Partner*innen, die uns finanziell unterstützen möchten, um dieses wegweisende Filmprojekt zu ermöglichen. Persönlich blicke ich deshalb sehr neugierig und optimistisch in die Zukunft, denn ich freue mich, diese Branche mit unseren Filmen mitzugestalten!  

Was muss passieren, damit sich Green Shooting Produktionen etablieren?

Damit sich Green Shooting Produktionen etablieren, braucht es meiner Meinung nach dreierlei: Aufmerksamkeit für dieses Thema (daher freue ich mich sehr hier im Interview zu Gast zu sein), Filmprojekte, die als gute Beispiele dienen, aber auch die noch vorhandenen Schwachstellen offenlegen können sowie den Mut von Produzent*innen, Regisseur*innen und Filmcrews die eigene Branche grüner zu gestalten – und damit einen Teil zum gesellschaftlichen, nachhaltigen Wandel beizutragen!  

 

Vielen Dank für das Interview Johanna!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an Johanna Jaurich stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare. Wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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