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Digitales Nomadentum – erste Schritte mit Claire Briatore

KURZINTERVIEW | Claire Briatore nimmt uns mit auf ihre persönliche Reise um die Welt als digital nomad. Wie ihr Weg bisher aussah und wie du es schaffen kannst, erfährst du hier!

KURZINTERVIEW | Claire Briatore nimmt uns mit auf ihre persönliche Reise um die Welt als digital nomad. Wie ihr Weg bisher aussah und wie du es schaffen kannst, erfährst du hier!

30.05.2023 | Ein Kurzinterview von Hannah Chondros | Bild: Fernando rodriguez novoa, Getty Images

In den letzten Jahren hat sich die Arbeitswelt grundlegend gewandelt. Immer mehr Menschen streben nach Freiheit, Selbstbestimmung und Unabhängigkeit in ihrem beruflichen Alltag. Die traditionellen Arbeitsmodelle, bei denen man täglich ins Büro geht und festen Arbeitszeiten folgt, werden zunehmend in Frage gestellt. Homeoffice und flache Hierarchien sind dabei häufig erwünschte Kriterien bei der Suche nach potentiellen Arbeitgebern. Der Wandel spiegelt unter anderem auch das wachsende Bedürfnis der Menschen wider, ihre Karriere mit einem erfüllten Leben zu verbinden, das den individuellen Vorstellungen von Glück und Erfolg entspricht. 

In dieser neuen Ära der Arbeitswelt haben sich alternative Konzepte wie das digitale Nomadentum etabliert, bei dem Arbeitnehmer*innen ihre Tätigkeiten von überall aus ausüben können, solange sie über eine Internetverbindung verfügen. Der Weg dahin ist jedoch alles andere als leicht und ist mit großen Überwindungen verbunden. JOBVERDE hat sich gefragt, welche Schritte digital nomads gehen und planen, um sich den Traum vom freien Arbeiten zu ermöglichen. Claire Briatore und ihr Berufsalltag als Online Marketing Beraterin befinden sich gerade im Umbruch und sie beginnt ihre Reise als digital nomad. In unserem Kurzinterview bekommen wir sowohl informative als auch persönliche Einblicke in den Arbeitsalltag von Claire und erfahren, was zu beachten ist, um ein*e digital nomad zu werden.

Weitere Informationen zu dem digitalen Nomadentum, den Hintergründen und einen Einblick findest du in unserem Überblicksbeitrag: Digitales Nomadentum – Home Office von überall

LifeVERDE: Liebe Claire, erklär uns doch gerne einmal, was der Begriff ‘digital nomad’ für dich bedeutet und wann und wie du dich entschlossen hast, es selbst anzupacken?

Claire Briatore: Sicherlich kann mit dem Begriff schnell das Gefühl der Grenzenlosigkeit assoziiert werden, für mich ist die Arbeit als digital nomad vor allem ein Privileg. Das Privileg, von überall dort zu arbeiten, wo ich gerade sein will. Und die Freiheit, mein Leben und meine Arbeitsumgebung nach meinen individuellen Bedürfnissen auszurichten. Im Mittelpunkt steht nicht die Arbeit selbst oder der Arbeitsplatz als fester Ort, sondern ein ganz persönliches Gefühl – vielleicht auch der Drang – nach Unabhängigkeit und einem selbstbestimmten Rhythmus. Daher ist es egal, ob wir den digital nomad am Ende der Welt wiederfinden oder an der Mecklenburgischen Seenplatte. Das 'wie' ist entscheidender als das 'wo', wobei das 'wo' allein ich als digital nomad bestimme.

Viele Berufe und Berufszweige bieten – egal wie digitalisiert, vernetzt oder automatisiert wir arbeiten – wenig bis keine Flexibilität. Die Entscheidung darüber, welchem Beruf wir nachgehen (möchten), bestimmt zu großen Teilen auch das Arbeitsmodell, das uns strukturell oder gesellschaftlich vorgegeben wird. Mein Partner ist Lehrer, bis zur Pension an einen festen Ort gebunden und folgt den Anweisungen des Dienstherren. Unterschiedlicher könnte unser Leben derzeit nicht aussehen, aber es erdet einen: Die Freiheit ein digital nomad zu sein, sollten wir nie für selbstverständlich nehmen.

Ich hatte schon länger mit der Idee gespielt, eine längere Auszeit vom 9-to-5 Job zu nehmen. Neben meinem Job bei meinem letzten Arbeitgeber habe ich mich in den letzten zwei Jahren in der Teilselbständigkeit ausprobiert.

Anfang des Jahres hatte ich mich dazu entschieden, meinen Job zu kündigen, auf Europareise zu gehen und, sagen wir, 'All-In' loszulaufen, und das ganz allein. Nun arbeite ich für die kommenden Monate aus 5 verschiedenen europäischen Ländern für meine Kund*innen, setze dabei aber auch immer wieder Priorität darauf, bewusst Auszeit zu nehmen. Meine Selbstständigkeit läuft als Side-Business. Mehr als einen Laptop und eine stabile Internetverbindung ist für meine Tätigkeit als Online Marketing Beraterin nicht notwendig (abgesehen von Akquise, Administration und und und...).


Für Claire war der Mut, nach Freiheit zu streben und sich persönlich weiterzuentwickeln, essentiell um den Anfang in das digitale Nomadentum zu wagen (Bild: Claire Briatore, Daniel Reiche).

Welche Schritte bist du bisher gegangen und vor welchen Meilensteinen stehst du noch? Mit welchen Hürden, von außen oder auch persönlich, wurdest du konfrontiert?

Den Schritt zu wagen bedeutet Mut zu haben, sich seiner eigenen Bedürfnisse und Wünsche klar zu werden. Den größten Meilenstein hat jede*r digital nomad, jede*r Selbstständige bereits mit dieser Frage längst hinter sich: das Loslaufen.

Meine persönlich größte Hürde war, Sicherheit gegen Freiheit einzutauschen.

Während Corona das Reisen für eine lange Zeit fast unmöglich gemacht hat, kam die eigentliche unbequeme Frage danach: Warum loslaufen, wenn ich doch einen sicheren Job und ein stabiles Einkommen habe.

Als ich angefangen habe mein 'Worst-Case-Szenario' zu illustrieren (diese Übung kann ich jeder*m nur empfehlen), und mit Freund*innen und Familie über meine kommenden Schritte gesprochen habe, war klar, dass mein Worst-Case-Szenario so aussieht: Selbstständigkeit, digitales Nomadentum, Reisen ist nichts für mich, Rückfahrt-Ticket nach Deutschland buchen, Job-Alternativen suchen, Arbeitslosengeld beantragen. Hier wird jeder*m Leser*in klar, das kann kein Worst-Case sein. Die Entscheidung diesen neuen Weg einzuschlagen hat zwei Jahre gebraucht, und auch das ist völlig in Ordnung. Manche Dingen brauchen Zeit.

Welche Vorbereitungen hast du getroffen, um dir einen guten Start in dein digitales Nomadenleben zu sichern? Welche Tipps kannst du mit unseren Leser*innen teilen, wenn auch sie in die Welt des digitalen Nomadentums eintauchen wollen?

In meinem Job, wie auch in vielen privaten Belangen, möchte ich gerne gut vorbereitet sein. Ich habe mir also viel Zeit für die Vorbereitung genommen und bin in das Thema richtig eingetaucht. Das ist sicherlich nicht für jeden der gleiche Weg, aber für mich hat das richtig gut funktioniert. Die Reise(-vorbereitung) begann damit schon lange vor meiner Abfahrt.

Die Länder meines Trips waren dabei recht schnell gefunden. Allerdings habe ich mich sehr viel über Konzepte des Reisens informiert. Welche Standards bieten die Länder zum Leben und Arbeiten? Mit welchen Kosten kann ich in den Ländern rechnen (hier unterscheiden sich wohl am meisten europäische Ziele zu Nicht-EU-Destinationen)? Wohne ich in Airbnbs oder Hotels? Möchte ich Menschen während diverser Work-and-Travel unterstützen und kennenlernen, oder mich sehr auf mich selbst konzentrieren? Wie flexibel möchte ich meine selbständige Arbeit während der Reise einteilen können? Welcher Tages- und Arbeitsrhythmus passt zu mir? Das sind Fragen, denen sich jede*r digital nomad stellen sollte. Daraus ergeben sich dann ganz von allein verschiedene Aufgaben und Herausforderungen: Wie bin ich eigentlich versichert? Wie viel Geld sollte ich zur Seite gelegt haben? Welches Gepäck brauche ich auf meiner Reise und wie komme ich sinnvoll von einer Station zur nächsten?

Die folgenden Punkte lege ich jeder*m ans Herz vor der Abreise aus Deutschland zu klären:

  1. Krankenversicherungsschutz: Wie hoch ist mein monatliches Einkommen als digital nomad, welche Beiträge trage ich als freiwillig Versicherte*r pro Monat? Möchte ich zudem während meiner Reise freiwillig in die Rentenversicherung einzahlen?
  2. Privat- und Zusatzversicherungen: Benötige ich eine Reiseversicherung, zusätzlichen Versicherungsschutz? Zwischen EU- und Nicht-EU-Ländern ergeben sich erhebliche Unterschiede.
  3. Steuerrechtliche Fragestellungen: Wo habe ich meinen primären Wohnsitz und wie lange bin ich im Ausland, ergeben sich daraus steuerrechtlich spezifische Fragestellungen für das Land/die Länder, in dem/denen ich arbeite.
  4. Notgroschen & Bankangelegenheiten: Ich rechne damit, dass ich auch einmal eine Zeit mit weniger Aufträgen überbrücken werde. Ich stelle außerdem sicher, jederzeit auf mein Konto und auf Bargeld zugreifen zu können.
  5. Arbeitslosengeld: Anrecht auf Arbeitslosengeld klären bei Rückkehr nach Deutschland und/oder Fehlschlägen. Das Anrecht besteht, wenn man mindestens zwei Jahre in einem Unternehmen gearbeitet hat. Berücksichtige etwaige Sperrfristen (bei Eingenkündigung), und vergiss nicht vor der Abreise die Meldung für das Arbeitslosengeld einzureichen.
  6. Kund*innenakquise: Wie akquiriere ich neue Kund*innen von unterwegs und wie mache ich meinen Remote Service attraktiv?

Die große Schwierigkeit bestand für mich darin, die richtigen Fragen für eine reibungslose Auslandserfahrung zu stellen. Beim Beantworten halfen mir durchweg kompetente und erfahrene Ansprechpartner*innen in allen Behörden und Ämtern, sodass ich nach wenigen Wochen optimal vorbereitet war.

In diesem Sinne: Happy travelling!

Eine andere Perspektive auf das digitale Nomadentum gibt uns Jule Marie Rose im Interview: Digitales Nomadentum – begleite Jule Marie Rose auf ihrer Reise

Vielen Dank für das Interview, liebe Claire!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an Claire Briatore stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare – wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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