Innovatoren

Sonja Westphal revolutioniert das Lieferkettenmanagement

INTERVIEW I Die Gründerin von Sustify, einer eLearning Plattform für Arbeiter*innen in Asien, kämpft für mehr globale Gerechtigkeit und fühlt sich der Natur stark verbunden. Sie spricht mit uns über ihre Erfahrungen und Erfolge, aber auch über Herausforderungen, die sie als Unternehmerin meistert.

INTERVIEW I Die Gründerin von Sustify, einer eLearning Plattform für Arbeiter*innen in Asien, kämpft für mehr globale Gerechtigkeit und fühlt sich der Natur stark verbunden. Sie spricht mit uns über ihre Erfahrungen und Erfolge, aber auch über Herausforderungen, die sie als Unternehmerin meistert.

24.06.2021 | Ein Interview geführt von Laura Hofschlag | Bilder: Unsplash, Sonja Westphal

Sonja Westphal war schon als Logopädin, interkulturelle Trainerin und Marketingchefin tätig. Im Jahr 2018 hat sie ihr eigenes Unternehmen Sustify gegründet. Sie spricht mit uns über ihre Erfahrungen und Erfolge, aber auch über Herausforderungen, die sie als Unternehmerin meistert. 

JOBVERDE: Wer bist du, Sonja?

Sonja: Ich liebe die Natur auf unserer Erde und möchte so viel wie möglich dazu beitragen, dass uns unser Lebensraum lange in dieser Schönheit erhalten bleibt. Daher ist es mir eine Herzensangelegenheit, mit einem eigenen Unternehmen zu zeigen, dass nachhaltiges Wirtschaften auch ökonomisch möglich ist und kleine Schritte zu mehr globaler Gerechtigkeit führen können – letztlich die Basis für mehr Natur- und Klimaschutz.

Was ist die Mission von Sustify?

Jeder hat ein Recht auf Bildung! Daher wollen wir mit unserem eLearning für Arbeiter*innen erreichen, dass Alle und nicht nur das Management, in globalen Lieferketten geschult werden – in Bezug auf Arbeits- und Gesundheitsschutz, aber auch in Bezug auf Rechte und Pflichten. Wir glauben, dass man große Veränderungen vor allem in Zusammenarbeit erreichen kann, mit den Fabriken, mit NGOs und mit Regierungen. Unsere Mission ist, möglichst viele Arbeiter*innen in möglichst vielen Fabriken in Asien zu schulen als ein Worker empowerment/Capacity building Ansatz, sodass nicht nur Anweisungen befolgt werden, sondern auch mehr und mehr die Hintergründe von Sozial- und Umweltstandards verstanden werden. Und ganz wichtig, das gilt nicht nur für die Textilindustrie!

Aus welcher Motivation heraus hast du Sustify gegründet?

Bei meinen Reisen nach Asien war ich schockiert, dass Flüsse einfach nur wie Müllhalden aussahen und Menschen in Slums in geschlossenen Räumen Müll verbrannt haben, was den Touristen als „Recycling“ verkauft wurde. Nur damit wir, die das Glück haben in der „First World“ zu leben, viel und billig kaufen können. Ich weiß, die Welt ist nicht gerecht, aber einen Status Quo einfach so zu akzeptieren ist nicht meine Art. Daher möchte ich meine ganze Kraft dafür einsetzen, dass sich daran etwas verändert, nicht nur im privaten, sondern auch und gerade mit meiner Arbeit.

Welche Hürden musstest du meistern?

Wie teste ich eine Software, wenn die User in Tamil Nadu in einer Fabrik arbeiten? Wie schaffe ich es, einen Prototypen (MVP) zu produzieren ohne Investoren? Was passiert, wenn kurz vor dem Start in Myanmar dort plötzlich das Militär putscht? Ein großer Kunde nach DSGVO-Konformität fragt, und wir feststellen, dass unser Login mit Gesichtserkennung umsonst programmiert wurde, weil das nicht datenschutzkonform ist? Der Kollege in Indien nicht weiterarbeiten kann, weil er wegen Überschwemmung eine Woche nicht zum Büro kommt?

Trotzdem habe ich diese Dinge gar nicht so als Hürden empfunden. Eher wie Wellen, eben das, was Unternehmertum ausmacht. Und wenn es leicht wäre, hätten es ja schon andere gemacht!

Birgt nachhaltiges Unternehmertum besondere Herausforderungen?

Für uns liegt die Herausforderung in unserem Business Modell selbst, also Unternehmen, die global produzieren und die Herstellungsorte in beispielsweise Bangladesch beauftragen, müssen bereit sein, in ihre Lieferkette zu investieren.  Als Teil der DNA ihres Unternehmens, nicht als kurzfristige Marketingmaßnahme. Auch nicht als schnelle Antwort auf ein Lieferkettengesetz – dass man mal schnell einen Verhaltenskodex an Lieferanten schickt, die dann ankreuzen müssen, dass sie gegen Zwangsarbeit sind und keine Kinder beschäftigen. Ich finde, Unternehmen sollten Verantwortung global wahrnehmen und begreifen, dass sich Investitionen in Nachhaltigkeit langfristig lohnen.

Wie achtet Sustify selbst auf die Nachhaltigkeit?

So ähnlich wie das neue Lieferkettengesetz, das ja auch eine „Bemühungspflicht“ und keine „Erfolgspflicht“ ist, geht es uns darum, möglichst viel umzusetzen und nachhaltiger zu sein, ohne schwarz-weiß Denken. Ich persönlich finde es auch manchmal schwierig, denn wie weit greifen manche Themen auch in den Privatbereich ein? Könnte man beispielsweise verlangen, dass Mitarbeitende sich (vorwiegend) vegan ernähren? Wie viele Flugreisen sind in Ordnung? Das Wichtigste ist, dass wir alle bereit sind, uns auszutauschen, zu diskutieren und immer wieder bereit sind zu verändern. Wir glauben an Suffizienz –von Allem weniger. Vielleicht reicht ja EIN Kaffee am Tag.

Was war dein größter Erfolg als Unternehmerin von Sustify?

Als ich das erste Mal in einer Fabrik in Bangladesch stand und unser eLearning eingeführt wurde und ich auf all die Arbeiter*nnen geschaut habe, die hoch konzentriert an den Tablets saßen. Als ich dann eine Arbeiterin gefragt hatte, wo sie am meisten gelernt hat, meinte sie, das war die Geschichte, wo ein Mann in einem Feuer stirbt. Dass sie plötzlich verstanden hat, warum ein Training für Brandschutz wirklich Sinn macht.

Und vielleicht ein zweiter intensiver Moment, als ich allein völlig ohne Erwartung zum ersten Mal zu der führenden eLearning Konferenz nach Karlsruhe in den Zug gestiegen bin, in einem großen Messesaal dann Initiativen von großen Unternehmen wie der Allianz vorgestellt wurden und es dann plötzlich hieß, bitte Sonja Westphal auf die Bühne. Der Platz 1 des Delina Awards, einem Award für Innovation in Bildung, geht an Sustify! Alle anderen sind mit großen Teams angereist und ich hatte nicht einmal jemanden dabei, der ein Foto hätte machen können!

revolutionlieferkettenmanagement

Wo siehst du dich und Sustify in fünf Jahren?

Wir möchten mit unserem eLearning Programm das Lieferkettenmanagement revolutionieren.

Und zwar nicht nur in der Textilindustrie, sondern auch in Branchen wie Chemie, Metall und Elektronik, denn dort ist der Bedarf genauso hoch, nur wird darüber nicht so viel in den Medien berichtet.

Um noch mehr Impact zu erreichen, sollte Sustify wachsen, sodass wir mit immer weiteren Kursinhalten Wissen über Nachhaltigkeit in den entlegensten Gebieten der Welt verbreiten und gleichzeitig auch uns selbst als Organisation entwickeln. Entwicklungsarbeit nach außen und innen.

 

Vielen Dank für das Interview Sonja!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an Sonja Westphal stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare. Wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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Du denkst Sport und Nachhaltigkeit passen nicht zusammen? Vanessa Nord beweist das Gegenteil!

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